Irrungen und Wirrungen in der Versicherung

25 Juli 2006

Verteidigungsstrategie

Ein ehemaliger Mitarbeiter klagte gegen uns. Er war ein, tja wie soll ich´s sagen, schwieriger Mensch. Beratungsresistent, stur, einnehmend und oft launisch und unbeherrscht. All das führte dazu, dass wir ihm nahe legten, sich einen anderen Job zu suchen. Das Gespräch damals war nicht nett, aber von unserer Seite sicher fair. Er vermittelte kurz vorher noch zwei große Lebensversicherungen, die sehr reichlich Provision für ihn einbrachten, allerdings nicht bezahlt wurden. Das führte zu einem Storno. Wir ließen ihm offen, ob er kündigen will, wir kündigen sollen, oder das Vertragsverhältnis in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst werden sollte. Er entschied sich für die Kündigung durch uns. Wir vereinbarten eine dreimonatige Frist, damit er sein Storno wieder hereinarbeiten könnte, denn die Provision hatte er natürlich schon ausgegeben.

In den drei Monaten kam (natürlich) nichts, und der Saldo blieb stehen. Dann folgte ein Anwaltsschreiben, mit der Aufforderung der Verrechnung des Saldos mit einem Ausgleichsanspruch. Der war aber nur sehr gering und kappte nur die Spitze. So stand eben weiterhin ein 5-stelliger Saldo da, den er nicht bereit war zu zahlen.

Nach längerer Zeit wurde die Forderung abgetreten und ein Inkassounternehmen versuchte sein Glück. Die Reaktion darauf war dann eine Klage von ihm. Die Anschuldigungen/Forderungen waren abstrus:
  • Abgabe an das Arbeitsgericht wegen Arbeitnehmertätigkeit
  • Ausgleichsansprüche in nicht vorstell- und darstellbarer Größe
  • Schadenersatzforderung
Die Anhörung vor dem Landgericht war ein Paradebeispiel, was ein "suboptimaler" Anwalt (nicht) erreichen kann.
Punkt 1) war nach einer kurzen Schilderung des Klägers (Ex-Mitarbeiters) sofort vom Tisch. Er bestätigte selber, dass er definitiv selbstständig war...
Punkt 2) wurde nicht im Detail besprochen, da der Richter die Höhe massiv anzweifelte, allerdings vor der eigenhändigen Detailberechnung gerne eine einvernehmliche einigung gehabt hätte.
Punkt 3) war mit der Schilderung des Klägers ebenfalls vom Tisch.

Das Ende der Anhörung war eingeläutet und der Richter empfahl einen Vergleicht mit monatlicher Rückzahlung des Saldos. Für uns war das schon die Schmerzgrenze, in Anbetracht der Ankündigung des "Anwalts" des Klägers jedoch ein gangbarer Weg. Der hatte nämlich schon vor dem Richter verlauten lassen, dass sein Mandant dann eben eine Privatinsolvenz machen würde, und wir dann eben nichts mehr bekommen würden...

Also dachten wir darüber nach und wollten dem Vorschlag des Richters (ratenweise Rückzahlung über mehrere Jahre mit gerade dreistelliger monatlicher Belastung) zustimmen. Die Gegenseite jedoch wollte nur die Hälfte monatlich berappen, und nach der selben Zeit den Rest erlassen haben! Das wäre für uns ein Verlust von mehreren 1000,- € gewesen, so dass wir ablehnten. Der Richter schickte uns dann noch einmal ohne Anwälte auf den Flur um eine Lösung zu finden. Wir reduzierten unsere Offerte noch einmal auf die Mitte unserer beiden Vorstellungen, incl. Verzicht auf den Rest bei ordentlicher Zahlung der Raten. Aber auch das lehnte der Anwalt ab.

Der Richter war (gelinde gesagt, und das merkte man ihm mehr als deutlich an!) angepisst! Er wird diese Woche seine Entscheidung kund tun. Ich bin sehr gespannt.

Der Ex-Kollege, bzw. sein Anwalt, hat inzwischen wahr gemacht, was er angekündigt hatte. Er schickt seinen Mandanten in die Insolvenz! Das Niveau seiner "Rechtsberatung" könnte an der Zunft zweifeln lassen, wären da nicht unser Anwalt und der Richter, die unsere Meinung teilten und unser Verhalten als gut befunden hatten.